Texte über Gerda Falke

„AUF DER SUCHE NACH ANALOGIEN UND GESETZMÄSSIGKEITEN!“

Zur Malerei von Gerda Falke
Von Mesaoo Wrede, Kulturbeauftragte und Galeristin

„Kunst zu schaffen heißt, die eigene Sicht der Welt zu objektivieren, den Fluss des Augenblicks in etwas Visuelles, Schriftliches oder Musikalisches zu verwandeln.“
(Zit.: Barbara Kruger/ Women Artists, Künstlerinnen des 20. und 21. Jahrhunderts, Uta Grosenick, 2001, Taschen Verlag)

Welches sind die Motive, die das Auge, die Sinne der Künstlerin so reizen, dass daraus meist großflächige Exponate,
manchmal aber auch kleine malerische Skizzen entstehen und
die in unterschiedlichster Farbgebung immer sehr expressiv
und dynamisch daherkommen? Ihre Themen sind durch die
Musik und das Erleben der Lagunenstadt Venedig inspiriert,
einer der Lieblingsorte der Künstlerin.

Engel, als „beflügelte Wesen“, und das sich in Ruhe und
Bewegung befindende Fortbewegungsmittel Fahrrad sowie
Landschaften sind weitere Themenkreise der Künstlerin. Sequenzen des Erfassens von Erfahrenem, Sequenzen visuellen
Erlebens werden zu Malerei und schaffen so den Bildraum für
ein anderes, neues Begreifen. Alltagswelt wird zur Kunstwelt.

Man kann sich darüber einig sein, dass ein Bild zu berühren
vermag, dass es etwas veranschaulichen kann, das durch
Worte nicht auszusprechen, durch Begriffe nicht endgültig
fassbar ist. So hat jede malerische Arbeit der Künstlerin demgemäß eine eigene, durch nichts anderes ersetzbare Wirkung
und eröffnet gänzlich eigene Horizonte des Erlebens für die
Betrachter.

Wenn Einsicht als das Ergebnis von Verstehen in Kombination mit Verständnis gilt, könnte diese Art der Bildlichkeit unter
dem Aspekt geradezu als ideale Form der Einsicht erscheinen.
Und während im Traum und im Mythos Bildlichkeit unbewusst
erlebt wird, wird durch die Malerei von Gerda Falke die Möglichkeit zu einem bewussten Erfahren von Bildlichkeit gegeben.

Es sind Wahrnehmungen, aus denen sich vor dem geistigen
Auge Bilder entwickeln, die dann auf der Leinwand mit oft plakativ-expressiv aufgetragener Farbe, kombiniert mit Papieren,
Stoffen, Schriftzügen von der Künstlerin materialisiert werden.
Dabei ist das Wechselspiel zwischen scheinbar ruhenden
Farbflächen in Abgrenzung zu bewegten Linien und collagierten Räumen in der Bildkomposition bemerkenswert ausdrucksvoll.

Die Bilder von Gerda Falke lassen, auch wenn sie Realistisches zum Anlass nehmen, dem Betrachter ganz viel Spielraum zum eigenen Sehen und Wahrnehmen, kurzum: zum
Betätigen der eigenen Sinne. Malerei, auch wenn sie Realität
zum Anlass nimmt, führt dann weit über das Alltägliche, also
die Realität hinaus.
„Das Schönste an der Malerei ist der Prozess des Malens
selbst. Das Bewältigen von Chaos und Ordnung, also der
kreativen Spontaneität; der Genuss einer ganz besonderen
Freiheit.“
(Zit.: Gerda Falke)

G. Falke verbindet von alltäglichen Eindrücken veranlasste Bildvorstellungen mit einer ästhetischen Fortentwicklung, die mit exquisitem Kolorit, höchst differenzierter, eigenständiger und faszinierender Fähigkeit zu nicht alltäglichen Bildern führen. In dynamischer Perspektive werden großteilige wie kleinteilige Elemente konstrastiert. So bauen sich ästhetische Spannungen auf, die, wie es bei guter Kunst stehts der Fall ist, auf der höhreren Ebene des Bildes aufgelöst werden. Aber es muss keine direkte Entsprechung geben. Die blaue, unregelmäßige Fläche ist nicht unbedingt ein See. Vielleicht ist sie ein Fels. Ein allgemeines Symbol, fast eine „Leerstelle“, die der Betrachter zu füllen hat. Das macht diese Malerei so anziehend, vielschichtig und tief.

Ausschnitt aus Text von Dr. Gerhard Charles Rump; Redakteur in der Kunstmarktredaktion „Die Welt“

 

Gerda Falke schöpft die Inspirationen für ihre Malerei aus dem Reisen im Alltäglichen und den Reisen, die sie in ferne und fremde Kulturen führen.So entstehen u. a. Werkzyklen zu Themen wie: Musik, Fahrrad, Architektur, Portrait  und  Landschaft. Die aktuelle Ausstellung „KARIBU-TANZANIA“ zeigt großformatige Malerei, die geprägt ist durch Eindrücke und Erfahrungen, die die Künstlerin während einer Reise durch Tansania im Jahr 2014 gesammelt hat. Sind die Motive der Künstlerin sonst im Zwischenreich von konkreter Darstellung zu gegenstandslosen Malerei angesiedelt, sind die Afrikabilder sehr konkret-präsente Interpretationen einer für sie neuen Welt. Ein reizvolles Wechselspiel findet hier besonders bei den Tiermotiven statt. Die Zebras werden von der Künstlerin mit ihren Fellmustern in Zeichnung und Malerei quasi „erforscht“. Es sind die unendlich mannigfaltigen Formen und Farben der Natur von denen die Künstlerin besonders fasziniert scheint. Der See im Ngorongorokrater ein Diptychon, wird in einem zarten, magentafarbenen Morgenlicht dargestellt; erst bei näherer Betrachtung kann man die im Wasser stehenden Flamingos erkennen. Himmel und See scheinen hier zu verschmelzen. Ummittelbar lässt uns die Künstlerin an ihrem Blick und ihren Empfindungen teilhaben. Collagenartig werden auf Märkten gefundene Stoffe in die malerische Arbeiten eingebunden. Die Arbeit „…STALKING…“ reflektiert die problematische Seite der Schaffung eines  Abbilds mittels Fotografie. In vielen afrikanischen Kulturen kommt dies dem Raub der Seele gleich. Gerda Falke fokussiert zwei bunt gewandeten Frauen. Sie tragen in traditioneller Weise ihre Waren auf dem Kopf. Gebannt von der Farbigkeit dieser Arbeit, entwickeln sich für die Betrachter/innen die Figuren auf den zweiten Blick; ein Werk das die Sensibilität und den Respekt der Künstlerin in der Begegnung widerspiegelt.

„Fremd und doch nah“, könnte man die Bilder in ihrer Gesamtheit beschreiben. „KARIBU-TANZANIA“ ein wirklich passender Titel für diese Ausstellung, in der aus einer beeindruckenden Fülle an einzelnen  Eindrücken von der Künstlerin etwas ganz Neues zusammengefügt wird.

Oder, um Martin Buber zu zitieren:  „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“

KARIBU TANZANIA; …so fern und doch so nah…. von Mesaoo Wrede | Kulturbeauftragte und Galeristin:
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